Bundesverfassungsgericht
Grundsanierung Gerichtsgebäude
Das Gebäude des Bundesverfassungsgericht Karlsruhe wurde 1965-1968 von dem Architekten Paul Baumgarten gebaut und ist heute das Sinnbild für das Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland und wird wie kaum ein anderes Gerichtsgebäude in der Öffentlichkeit wahrgenommen und erkannt. Die Leichtigkeit und Transparenz der einzelnen, pavillonartigen Bauteile zeugen von einer modernen, offenen Architektur, die durch die Pavillonstruktur und die enge Einbindung in die Parklandschaft zwischen Botanischem Garten und Schlossplatz nochmals betont wird.
- Auszeichnung Beispielhaftes Bauen 2018
- Hugo-Häring-Preis 2017
- Nominierung Kategorie „Bauen für die Gemeinschaft“ Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg 2016
- Anerkennung Deutscher Architekturpreis 2015
Leistungszeitraum: 2009 – 2014
Leistungsphasen: Lph 2 – 8 entsprechend § 15 HOAI
Typologie: Grundsanierung Gerichtsgebäude
Bauherr: Bundesbau Baden-Württemberg staatliches Hochbauamt Karlsruhe
Brutto-Rauminhalt (BRI): 64.300 m3
Brutto-Grundfläche (BGF): 16.300 m2
Ziel der Grundsanierung war primär eine umfassende Behebung der bereits bekannten technischen, funktionalen und strukturellen Mängel, sowie die energetische Optimierung der Gebäudehülle und Gebäudetechnik. Darüber hinaus wurde das Gebäude aber auch auf weitere Punkte untersucht, die bislang keinen akuten Handlungsbedarf hatten, jedoch im Rahmen der Gesamtmaßnahme behoben werden sollen, mittelfristig einer Überarbeitung bedürfen oder zur effizienteren Bewirtschaftung des Gebäudes beitragen.
Im Ergebnis ist so eine nahezu allumfassende Sanierung entstanden. Die einzelnen Teile des Gebäudes wurden fast vollständig bis auf den Rohbau zurückgebaut. Lediglich die gemauerten Trennwände mit hölzernen An-und Aufbauten (Oberlichter, Verkleidungen, etc) sind zu großen Teilen geblieben. Die Stahlskelettkonstruktionen der Bauteile wurden sandgestrahlt und neu (Brandschutz)Beschichtet, Fassade, Dächer und Innenausbau wieder hergestellt, sowie kleinere Veränderungen in den Grundrissen vorgenommen.
Bestimmend für alle Maßnahmen des Projektes war der Anspruch, trotz aller technischer und bauaufsichtlicher Veränderungen, die Architektur Paul Baumgartens wieder herzustellen, die innere Atmosphäre, die vom Nutzer hoch geschätzt wird genauso wie die äußere Wahrnehmung im öffentlichen Raum und in den Medien. Soweit möglich wurden daher gestaltprägende Elemente wie Holzvertäfelungen, Holz-Glas-Konstruktionen, etc. zum Wiedereinbau eingelagert oder vor Ort eingehaust und später restauratorisch aufgearbeitet. Soweit neue bautechnische Erfordernisse in einzelnen Konstruktionen nicht integriert werden konnten, wurden diese durch gestalterisch nachgebildete Konstruktionen ersetzt. Vorrangig sind hier die Fassade und verglaste Brandschutzelemente im Innenbereich, aber auch die von einem charakteristischen Schlitzbild geprägte Decke zu nennen.
Intensiv diskutiert wurde immer wieder die Standortbestimmung im Spannungsfeld zwischen Plagiat und Rekonstruktion, Denkmalschutz und Kopie. Der Umgang mit Bausubstanz aus den späten 60-er Jahren (Fertigstellung 1968) hat bislang wenige Vorbilder. Auch die Denkmalpflege steht diesem neuen Betätigungsfeld noch sehr gespalten gegenüber. Bautechnisch und materialtechnisch ist das Gebäude auch heute noch nahezu identisch wieder herstellbar. Es ist im Gegensatz zu historischen Bauten nicht unersetzlich. Der Wert des Gebäudes liegt daher in seiner Symbolkraft als Sinnbild für das Bundesverfassungsgericht und in der Architektur Baumgartens. Eine Architektur, die geprägt ist, von einem hohen handwerklichen Können, einem modernen Begriff von Autorität und Transparenz des Staates und der subjektiven und mitunter unkonventionellen Ästhetik Baumgartens. Wieviel Detail erhalten bleiben muss, was verzichtbar ist und was nicht wurde in jedem Einzelfall bewertet und entschieden.
Nach 2 Jahren Planungsphase und 3 Jahren Bauausführung sind die Baumaßnahmen nunmehr abgeschlossen.